Prost!

Ein Korken schmollte in der Ecke
er ward entfernt allein zum Zwecke
was er einst schützte frei zu geben
damit es geistvoll füllt mein Leben

lang schon sah ich Korken fliegen
und in dunklen Ecken liegen
zuerst allein hernach zu zwein
es schmollt ja keiner gern mag sein

dass jeden der am Boden weilte
die gleiche Einsamkeit ereilte
bevor sein Säufer sich hernach
im Fallen fast das Steißbein brach

auch mir das Herze fast bei Nacht
hat Sehnsucht keinen Schlaf gebracht
so ließ ich einen Korken fliegen
und manche Schwermut bei ihm liegen

© Jo Lenz, 27.04.2016

Blähkritik

Herr Nämlich stellte neulich fest,
dass, wenn er einen fahren lässt,
entscheidend ist, wo er das tut
und wessen Nase dort grad ruht.

Furzt er zum Beispiel in Paris,
ist’s möglich, dass man ihn erschießt.
Auch bei den Dänen kann geschehen,
dass Gegner sich den Furz besehen,

und Jahr um Jahr Herr Nämlich bangt,
dass er von denen wird belangt,
vor deren Nasen er sich reckte
und fiese flümend Zähne bleckte.
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Ab, uff den Drahtesel!

Es kommt endlich wieder Leben in die Lenden, äh in die Pedalen, der Frühling ist da. Ich also heute Morgen: nachdem mich gestern höhere Gewalt (nicht vorhandener Schlüssel) von dem Vorhaben abhielt, meine acht Kilometer Arbeitsweg auf dem Rad zu bewerkstelligen, hat heute alles gepasst. Zwar fand ich die Handschuhe nicht, aber bei Plusgraden geht das ja auch ohne. Die Schmierschicht an den Händen (Haargel plus Regenwasser) eins zwei fix an der noch trockenen Jacke abgewischt, stand dem work in nichts mehr im Wege. „Ab, uff den Drahtesel!“ weiterlesen

Ostergedicht

All die langen Nasen,
länger als Ohren von Hasen,
nicht als Zeichen von Potenz
sondern der Lüge Präsenz,
ließen sich nicht aus Eiern blasen.

© Jo Lenz, 25.03.2016

Brett vorm Kopf

Es war mal ein graues Vögelein,
das wollte für Großes vorherbestimmt sein,
futterte gierig das gebrachte Gewürm.
Eines Tages klatscht ihm ein Brett an die Stirn.
Trotzdem zwitscherte weiter es, fröhlich & fein,
war ein zielstrebiges graues Vögelein.

Mit Brett vor dem Kopf, sagte es sich,
verführn mich die bunt Gefiederten nich,
solln die sich doch ihre Hucken vollpfeifen,
ich behalte gern den hölzernen Streifen
und lass den Gesang nicht bis an mich ran,
fange lieber allein das Fliegen an!

Es flatterte wild auf des Astes Ende,
da zog das Gewicht vom Brett es behände
hinab in die Tiefe, war ein hoher Baum,
es stürzte so schnell – ja, man sah es kaum,
flog dort einem Räuber hart ins Gesicht,
mit fliegenden Brettern rechnen Räuber ja nicht.

Das Mädchen, das dem Schuft entkommen,
blieb stehen und ward ganz benommen
vom Anblick des Retters im Vogelkostüm,
Vor dir werde ich niemals nicht entfliehn,
sagt’s und hob das Vögelein auf,
und dessen Bestimmung nahm seinen Lauf.

Es bekam einen Käfig von Gold und Damast,
Diamanten aufs Federkleid – was eine Last,
stöhnte es leise, doch blieb ungehört,
denkt ja keiner, dass Prunk einen Retter stört.
Da hockt es bis heute und fragt nach dem Sinn,
und wünscht sich zurück auf Anbeginn …

© Jo Lenz, 25.03.2016

Zurück zur Natur

Schön so, morgens, bevor die Mehrheit die S-Bahn nutzt, ein halb leeres Abteil zu betreten – normalerweise bleibe ich die fünf Stationen bis zum Umsteigebahnhof an der Tür stehen, weil ich um diese Zeit und auch generell nicht so sonderlich Lust auf fremde Menschennähe habe – aber heute sind prompt gleich mehrere Vierergruppen frei. Naja, denke ich, setz ich mich ausnahmsweise mal.

Ich bin fast am Ende des Waggons, vor der letzten Tür. Dahinter befinden sich nochmal zwei Vierergruppen, auf eine fällt mein Blick. Da steht ein verdreckter Jutebeutel, oben auf liegt eine ordentlich zusammengerollte karierte Wolldecke. Der Besitzer daneben scheint in sich versunken, jedenfalls sehe ich ihn nicht. Ich versuche, den Spruch auf dem Beutel zu entziffern, denn es lohnt sich kaum, das Buch für die kurze Strecke aus dem Rucksack zu holen, und lese: „Ein großer Schritt VORWÄRTS: Zurück zur NATUR“ „Zurück zur Natur“ weiterlesen

Seelenspektakel zum Jahreswechsel

Die Erinnerungen rauschen mit dem Wasserdampf vor sich hin. Der Alu-Wasserkessel wird seinem Platz auf der hundert Jahre alten Kochmaschine wie selbstverständlich gerecht. Brodelte es mit dem Anfeuern vorhin noch pfeifend aus ihm, das Teewasser ist fertig, gewährt er nun den Resten der Glut Durchlass, mit einem immer leiser werdenden Zischen.

So zischen auch die Bilder in meinem Kopf. Flackern auf. Treiben es bunt. Malen düster. Verblassen. Abschiednehmen ist wie ein Spektakel aus Aufkochen und Verdunsten lassen.
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Frohe Weihnachten

… weil die Technik zu langsam war, gibt es den für gestern gedachten Bescherungspost gemeinsam mit dem Weihnachtsgeschenk von heute …

Aber erstmal: wie wars denn so an Heiligabend? Gab’s Tränen der Rührung, des Glücks, Kummertränen? Habt ihr’s genießen können? Wie lief der Geschenkemarathon? Lief er überhaupt? Kam es darauf an?

Uuuuund, wie sieht es heute in einigen Kinderzimmern aus? <--- ÜBERLEITUNG ;-) zum ERSTEN Weihnachtsgeschenk an euch, das am allermeisten auch ein Geschenk an mich selbst ist, da ich mir seit zehn Jahren die Realisierung des Kinderliedes DER AUFRÄUMWUNDERHIT zu meiner Reimgeschichte PAULA KLAMOTTENSCHRECK wünsche. „Frohe Weihnachten“ weiterlesen

aliens die sauriern gleichen

aliens
die sauriern gleichen
sobald sie geborgenheit lassen
sie erst die haustüren hinter sich
nur kurz
im schutz der maskerade die
alle an sich und darüber hinaus verstecken
sie erfolgreich unmoderne züge hinter büchern
und weitblicke ins nichts

zwei
in der s-bahn
wenig mehr auf bahnsteigen
die wir passieren
die silberne dame mit brille
auf deren schoß in deren
sicher warmen händen
der neueste king
„aliens die sauriern gleichen“ weiterlesen

»Wir schützen uns mit Blumen«

Facebook fragt und ich denke darüber nach – Tja, was mache ich gerade? Vielleicht wie manch anderer die Geschehnisse wortkarg bis sprachlos mitverfolgen. Argwöhnen. Mutmaßen. Anzweifeln. Bisweilen bin ich, in Schreib- und Liebeswolken versunken, weit ab vom Geschehen und bekomme erst über Twitter mit, so ich Empfang habe, was in der Welt abgeht. In der Welt weit weg und nah dran. Dann haben sich schon Tausende geäußert und bekannt, haben Farbe bezogen, Blumen niedergelegt. Das ist schön. Es steht meinem ersten Sorgenimpuls entgegen, dass die Attentate von Paris in deutschen Städten erfolgreich Öl ins Feuer gießen könnten. Wo es doch schon vorher so krank mit dem Feuer bei uns agiert hat. „»Wir schützen uns mit Blumen«“ weiterlesen