mein leben passt mir

mein leben passt mir passt mir nicht
das kann ich lesen steht im gesicht
wenn ich es morgens im spiegel seh
der kopf dahinter tut mir weh

die worte aus zerstrittner nacht
sind mir in den schlaf gekracht
haben mein herz rasen lassen
der mund dazu ließ sich nicht fassen

mein leben lacht mich lacht mich an
das kann ich spüren schon in der bahn
wenn ich mich in der türe sehe
an der ich jeden morgen stehe
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Zuckerguss mit Aussicht

Dieser Zuckergusslebensabschnitt sitzt wie eine Kalorien gewordene Minikrake auf einem Cupcake, in dessen Füllung sich die Zeit davor mit Bittermandeln vermengt hat – vielleicht war auch der eine oder andere Aprikosenkern dabei, im Ergebnis ändert sich nichts – und er scheint nur darauf zu warten, dass jemand ihn mit den Eckzähnen durchstößt, um der Wahrheit angewidert in den Hals zu kotzen. Du knabberst daran. Du liebst Zuckerguss. Du hast die Jahre davor vergessen. Du beißt zu gierig. Spürst die Zeit. Die Menschen in ihr. Sonne auf der Zunge. Lachen und Musik zwischen den Ohren. Sinnliche Hände an deinem Hals. Du drehst dich, den Biss noch zwischen den Zähnen, im Mondlicht. Suchst Wege nach Weiterkommen ab. Jetzt. Alles ist jetzt. Nur das zählt. Endlich dreht sich die Welt um dich. Endlich. Dreht. Dreht sich alles. Du schluckst. Verschluckst dich an deiner Liebe zu süßen Dingen, und das Zyanid der letzten Jahre rinnt versteckt in Vanillezuckerspeichelbahnen über deine Zunge. Du hältst an. „Zuckerguss mit Aussicht“ weiterlesen

first world problems

Die Leere im Bauch dehnt sich bis in den Kopf aus. Dabei soll man laut einer Studie mit Hunger die besseren Entscheidungen treffen. Ich träfe höchstens die Entscheidung, endlich eine zu treffen, weil ich zu genervt wäre, um länger über eine Sache nachzudenken. Ich käme dann schneller auf – Ach, Scheiße, ich lasse es einfach sein! Ich kaufe kein neues Fahrrad und auch kein Ticket nach Madrid, obwohl es gerade billig ist. Billiger, als ohne Spartarif nach Frankfurt am Main mit dem Zug zu fahren.
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Hirse im Glas

Vor einiger Zeit war Hirse in dem Glas – nachdem wir das Apfelmus aufgegessen hatten und bevor ich es gestern mit selbst gemachtem Smoothie füllte. Wegen des Ramadans. Weil ich dachte, nach den Saitanbratlingen und den weißen Bohnen in Tomatensoße bräuchten wir etwas Süßes. Dabei schmeckte der Smoothie gar nicht wirklich süß, und ich sage sowieso viel lieber Schmusi dazu. Trotzdem war mal Hirse in dem Glas. „Hirse im Glas“ weiterlesen

nachtmusik II

Es ist schwierig Sternschnuppen zu sehen
wenn Wipfel den Himmel verhängen
nur Teile von Sternbildern
die Achse des kleinen Wagens
etwas rast weit entfernt
ein Sputnik vielleicht
ein was?
Sputnik kennste nicht?
so runde Dinger aus Metall
mit Stacheln hinten dran
Nee!
Vielleicht fliegen die heute nicht mehr
vielleicht fliegen nur Smartphones
und zersplittern ständig –
kannste schmecken wie alles verfliegt
Da! Schon wieder einer und
unsere Hände suchen den Bären
wie der Wagen auch heißt
willst du wissen
woher ich das weiß?
Schon immer …

Es ist schwierig sitzenzubleiben
und über Vergangenes zu reden
wenn der Himmel Dach ist
unser Lager die Decke
bald das Gras
weil es schwieriger auch
still liegen unmöglich wird
denn da ist meine Hand in deiner
weil meine so friert
anders als meine Beine
die gespeicherte Sonne
die bis nachts reicht
die um dich reichen
und die beiden im Schlafsack –
da hinten liege ich sonst immer –
vorhin waren die betrunken
bemerken uns nicht …

Herzschläge später erst bemerken wir
vier Hasen im Laternenlicht
du hattest ja nur Augen für eins
trotzdem bleibt es schwierig
Sternschnuppen zu sehen
weil ich jetzt zur Musik
wenn deine Hände Saiten spielen
meine Augen schließe …

Alles Jetlag?

Erneut viel zu lange geschlafen. Mein Rhythmus ist noch nicht wieder MEZ geeicht. Doch heute ist der Tag, an dem die Zwillingseltern mit mir rechnen. Ich soll etwas eher kommen, damit wir noch das Organisatorische besprechen können. Sie warten seit über zwei Monaten auf meinen Einsatz. Das ehrt sie. Oder mich. Keine Ahnung. In meinem Kopf jedenfalls ist 14:30 Uhr abgespeichert.
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Der dritte Arm

Wie ein unsichtbarer dritter Arm, ist sie immer da, hebt die dazugehörige Hand, kann mir damit auf den Hintern schlagen, damit ich in die Gänge komme, kann mir die Sicht versperren, mich verunsichern, ist immer da, auch wenn sie Geschichte ist, als drängte sie danach, immer Geschichte zu sein, treibt mich, beschenkt mich, lässt mich nicht still stehen.

Das Risiko, zehn bis fünfzehn Jahre nach ihr an einer Leukämie zu erkranken, ist erhöht. Ich weiß den Prozentsatz nicht, mit dem ich die Begleiterscheinungen der Therapie damals zur Kenntnis nahm. Weiß auch gar nicht, ob nur Strahlentherapie den Folgekrebs nach sich zieht. Die blieb mir erspart. Es war nur eine aggressive Chemo gegen hochmalignes NHL – mein unsichtbarer Dritter. „Der dritte Arm“ weiterlesen

Verfahrene Liebe

Die Tür der S-Bahn öffnet sich. Nach dem Umsteigen sind es nur noch ein paar Stationen. Ich könnte stehen bleiben. Sehe mich trotzdem kurz um. Neben mir lockt eine Dreierreihe Sitze, und zwei nebeneinander sind frei. Ich bin übermüdet. Reif für eine Cola, mindestens aber für gute Unterhaltung, um in den nächsten Minuten nicht einzuschlafen, und setze mich.

Die zierliche Gestalt neben mir bückt sich. Sie hält einen grünen Wanderstock, der nun am Boden liegt und mich an der Stiefelspitze berührt und hantiert an ihren Schuhen herum. Der Mann ihr gegenüber sieht weg. Ich sehe abwechselnd auf die geduckte Haltung und auf den leuchtend grünen Stock unter mir. Die Gestalt ist schwarz gekleidet. Die Hose mit aufgesetzten Taschen. Der Stoff glänzend. Die Kapuzenjacke hüllt sie komplett ein.
Kurz sieht der Mann gegenüber doch wieder zu ihr. Dann steht er auf und wechselt das Abteil. Im Fenster gegenüber beobachte ich, wie sie sich aufrichtet. Die Kapuze bleibt oben. Den Stock hält sie wieder aufrecht, umfasst den Griff mit beiden Händen. Ich versuche im Spiegelbild das Gesicht zu erkennen. Ist es ein Junge? Ein Mädchen? Doch der Stoff der Jacke bildet in der Art eine Höhle um ihren Kopf, dass ihr Gesicht im Schatten bleibt. Es ist nur ein einzelner Stock, den sie hält. Und aufgrund typischer Bewegungen ihres Gesichts, auch wenn es im Detail mir nicht erkennbar wird, verstehe ich plötzlich, dass es sich um keinen Wanderstab handelt. Betreten sehe ich auf meine Hände und erinnere mich an die Zeit an dem mir liebsten Arbeitsplatz, den ich im Leben hatte. „Verfahrene Liebe“ weiterlesen

Tierische Rassentrennung

ich liebe fleisch
– hei sch meckt dir
ohne soß überhaupt
der kloß – allein rutscht
auf dem teller schneller
ess ich drum und guck
mich nimmer um wo fleisch
vor mäulern liegt da siegt
die ignoranz und ganz allein
das wissen auch tiere müssen
derweil wir liebend küssen
ein recht auf leben geben
wir nur hund und katz
wieso denn nur du
schatz ist leid
legitimiert
wer alles
wird geschmiert
um uns so satt zu kriegen
dass wir am meisten lieben
uns dabei nichts zu denken
„Tierische Rassentrennung“ weiterlesen

Licht aus!

Ich denke über RÜCKWÄRTS nach
über Milchpackungen
die wir in Geschäfte tragen
damit sie in Massentransporten
zu Almwiesen gefahren werden
wo entspannte Euter warten
für viele hungrige Kälber

Ich denke über RÜCKWÄRTS nach
über Arbeitsplätze
die wir mit Freude aufsuchen
fünf Wochen im Jahr darauf hoffend
dass wir nicht so schnell zurück
in den Urlaub fahren müssen
jahrelang Erholungsstress

Ich denke über RÜCKWÄRTS nach
über Liebe
die wir jeden Tag mehr lieben
in Vertrautes alle Neugier mischen
anders ansehen jeden Tag mehr
bemühen bis der Bauch kribbelt
und Schmetterlinge salutieren „Licht aus!“ weiterlesen