Papierliebe

Ich möchte das
Programm umschalten,
Das Karussell anhalten,
Aus dem fahrenden Zug….
(Verwalten Viren Fahrpläne)
Springen und wieder frei entfalten,
Was fest gehalten auf meinem Schoß…

Nehmen Sie ihre kalten Hände da weg!
Ein Meter fünfzig, wissen Sie nicht?
Schaffner, der rückt mir zu dicht auf die Pelle,
Jetzt heben se schon die Kelle fürn Alarm!

Langsam, langsam, sagt der Querulant und
Zeigt auf das weiße Papier vor mir,
Für Ihrn zarten Schoß, Jnädigste,
reicht da nich ne Rolle
für een janzet Jahr?

© Jo Lenz, 2020

KEIN OSTERSPAZIERGANG

Wie jeden Morgen kurz vor Fünfe
sprang ich heut in warme Strümpfe
kochte frischen Ingwertee
gegen Wetter-Weh-oh-Weh

Die Vögelei vor meinem Haus
lockte mich so früh heraus
kunterbunt vor blauem Grund
tat sie ein paar Verse kund

Der letzte Schnee fällt sicherlich
Heut und morgen doch noch nicht
Erst am Dienstag wird es heiß
wie jedes kleine Handy weiß

Also zupf ich die Gitarre
gegen Frühjahrskältestarre
und lauf Runden um den Block
gegen Osterkälteschock

Was macht ihr so? Eiersuchen?
Kaffee trinken? Mampft ihr Kuchen?
Oder das, was sinnlos ist:
übers Osterwetter fluchen?

Ich hab gut reden, ja, ich weiß.
Wer Winters in den Sommer reist,
dem ist das Osterwetter schnuppe,
so wie ein Nutzer dessen Puppe.

Der letzte Vers entlarvt mit Mist,
das dies kein Text für Kinder ist.
Vielleicht auch, dass grammatikalisch
bei mir so mancher Satz am Arsch ist.

Wie dem auch sei, ich wollte reimen,
und Dichters Freiheit ist mir eigen.
Bei Mama gab es Hasenbraten,
mehr werde ich jetzt nicht verraten.

Wer bis hierher gelesen hat,
dem geb ich einen guten Rat:
Schließ für heut das Internet,
nimm dir ein Buch und geh ins Bett!

Frohe Ostern, liebe Freunde!

© Jo Lenz, 01.04.2018

tick tack

das herz schlägt im hals
will hinaus
bricht am boden
und es schreit
weil es schmerzt
sag wann hab ich verloren
und es springt und
es tobt und
es springt
bis es

schweigt

tick
tack
tick
tack

zeit
heilt

tick-tack

Prost!

Ein Korken schmollte in der Ecke
er ward entfernt allein zum Zwecke
was er einst schützte frei zu geben
damit es geistvoll füllt mein Leben

lang schon sah ich Korken fliegen
und in dunklen Ecken liegen
zuerst allein hernach zu zwein
es schmollt ja keiner gern mag sein

dass jeden der am Boden weilte
die gleiche Einsamkeit ereilte
bevor sein Säufer sich hernach
im Fallen fast das Steißbein brach

auch mir das Herze fast bei Nacht
hat Sehnsucht keinen Schlaf gebracht
so ließ ich einen Korken fliegen
und manche Schwermut bei ihm liegen

© Jo Lenz, 27.04.2016

Schlaflos.

Das Schlaflos saß traurig vor seiner Tür, rutschte unruhig auf schlechten Träumen herum und lauschte mit geschlossenen Augen in die Nacht. Irgendwo klingelte ein Windspiel, dessen Melodie es kannte: Einmal Wind sein und um die Häuser musizieren …

Blähkritik

Herr Nämlich stellte neulich fest,
dass, wenn er einen fahren lässt,
entscheidend ist, wo er das tut
und wessen Nase dort grad ruht.

Furzt er zum Beispiel in Paris,
ist’s möglich, dass man ihn erschießt.
Auch bei den Dänen kann geschehen,
dass Gegner sich den Furz besehen,

und Jahr um Jahr Herr Nämlich bangt,
dass er von denen wird belangt,
vor deren Nasen er sich reckte
und fiese flümend Zähne bleckte.
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Ostergedicht

All die langen Nasen,
länger als Ohren von Hasen,
nicht als Zeichen von Potenz
sondern der Lüge Präsenz,
ließen sich nicht aus Eiern blasen.

© Jo Lenz, 25.03.2016

Brett vorm Kopf

Es war mal ein graues Vögelein,
das wollte für Großes vorherbestimmt sein,
futterte gierig das gebrachte Gewürm.
Eines Tages klatscht ihm ein Brett an die Stirn.
Trotzdem zwitscherte weiter es, fröhlich & fein,
war ein zielstrebiges graues Vögelein.

Mit Brett vor dem Kopf, sagte es sich,
verführn mich die bunt Gefiederten nich,
solln die sich doch ihre Hucken vollpfeifen,
ich behalte gern den hölzernen Streifen
und lass den Gesang nicht bis an mich ran,
fange lieber allein das Fliegen an!

Es flatterte wild auf des Astes Ende,
da zog das Gewicht vom Brett es behände
hinab in die Tiefe, war ein hoher Baum,
es stürzte so schnell – ja, man sah es kaum,
flog dort einem Räuber hart ins Gesicht,
mit fliegenden Brettern rechnen Räuber ja nicht.

Das Mädchen, das dem Schuft entkommen,
blieb stehen und ward ganz benommen
vom Anblick des Retters im Vogelkostüm,
Vor dir werde ich niemals nicht entfliehn,
sagt’s und hob das Vögelein auf,
und dessen Bestimmung nahm seinen Lauf.

Es bekam einen Käfig von Gold und Damast,
Diamanten aufs Federkleid – was eine Last,
stöhnte es leise, doch blieb ungehört,
denkt ja keiner, dass Prunk einen Retter stört.
Da hockt es bis heute und fragt nach dem Sinn,
und wünscht sich zurück auf Anbeginn …

© Jo Lenz, 25.03.2016

Ich will.

Lies dich nur aus,
und dann schweig fein still,
weil ich sodann etwas schreiben will,
während du träumend in Tiefschlaf verfällst,
will ich erspinnen, wie du Nächte erhellst,
meine jetzt, früher wohl die da der andern,
doch Träume sollten nie stehen, stets wandern,
erfüllend sich selbst und darüber hinaus
uns lockend aus Federn, aus sicherem Haus,
denn Abenteuer lauern nicht unter dem Bett,
nun ja, bisweilen, ist’s da auch sicher nett,
so schön sicher, gewärmt, gekuschelt, bespielt,
’s kommt eben drauf an, wohin die Sehnsucht zielt,
doch ich will lieber vorn an der Reling frieren,
als unter Deck die Tafeln zu zieren,
also lies dich aus,
und dann schweige still,
weil ich jetzt endlich schreiben will …
 
© Jo Lenz, 21.03.2016

Verdacht

War einer und dachte zu wissen,
was der andere denkt,
wenn er nicht spricht.
Er irrte schlicht.
Seiner Anmaßung
entsprachen
die Gedanken

des anderen nicht.

© Jo Lenz, 2016